Dass das Universum expandiert, das wissen wir bereits. Im Folgenden befassen wir uns mit der Expansionsdynamik, mit der Frage also, ob und gegebenenfalls in welchen kosmischen Epochen das Universum mit gebremster Geschwindigkeit, mit konstanter Geschwindigkeit und gegebenenfalls sogar beschleunigt expandiert. Aus verschiedenen Bemerkungen wissen wir jedenfalls, dass die Expansionsgeschwindigkeit nicht konstant ist.
Wir erinnern uns. Einstein hatte in seine Gleichungen die kosmologische Konstante eingeführt, um das Universum an einem Kollaps zu hindern. Er war wie die meisten seiner Zeitgenossen von einem statischen Universum überzeugt. Diesem Weltbild war sogar das Genie Einstein so sehr verhaftet, dass er seinen eigenen Gleichungen nicht traute. Seine kosmologische Konstante verhinderte ein dynamisches Universum. Sie wirkte der Schwerkraft entgegen, quasi wie eine Antischwerkraft. Einstein hatte diese Antischwerkraft gerade so gewählt, dass das Universum statisch wurde.
Nachdem Friedmann Anfang der 1920er Jahre theoretische Vorarbeit geleistet und Edwin Hubble Ende der 1929er Jahre die Expansion des Universums nachgewiesen hatte, hat er sie in die Tonne getreten, die kosmologische Konstante. Es war die größte Eselei seines Lebens, soll er gesagt haben. Unabhängig davon, ob diese Überlieferung der Wahrheit entspricht, stimmt es höchstwahrscheinlich, dass es eine große Eselei war. Eine physikalische Erkärung für die Konstante hat es allerdings seinerzeit nicht gegeben.
Aber Einstein war auch ein Genie im Fehlermachen. Im Jahre 1998 wurde bei der Beobachtung weit entfernter Supernovae festgestellt, dass das Universum seit geraumer Zeit beschleunigt expandiert. Die entscheidende Frage war, wie man diese Feststellung mit den Friedmann-Gleichungen in Einklang bringen konnte.
Man erinnerte sich an die einsteinsche Konstante. Ihre Größe legte man aber nicht mehr fest, sondern gewährte ihr quasi freien Lauf. Die Konstante war wieder auferstanden, allerdings immer noch ohne physikalische Deutung. Sie wurde formal zur Dunklen Energie erklärt. Seit dem gilt sie als Beschleuniger des Universums. Albert Einstein hat ihre Wiedergeburt nicht mehr erlebt. Er ist am 18. April 1955 gestorben.
Dass die Expansionsrate vom Zustand des Universum, also von seiner Zusammensetzung abhängt, das wissen wir bereits. Die Zusammensetzung des Universums ist aber nicht konstant. Sie verändert sich mit der kosmischen Zeit. Die sogenannten Zustandgleichungen sagen uns, dass die Strahlungsdichte im Zuge der Expansion mit der vierten Potenz und die Materiedichte mit der dritten Potenz abnehmen. Die Dichte der Dunklen Energie hingegen bleibt über alle Zeiten konstant. Dies führte dazu, dass nahe dem Urknall bis etwa 50.000 Jahre danach die Strahlung dominierte. Anschließend übernahm die Materie den dominierenen Part bis sich schließlich etwa 7 Milliarden Jahre nach dem Urknall die Dunkle Energie in Form einer zunehmenden Expansionsgeschwindigkeit bemerkbar machte. Erst 10 Milliarden Jahre nach dem Urknall eroberte die Dunkle Energie endgültig die Herrschaft. Nach dem Referenzmodell wird sie diese Herrschaft für alle Zeiten innehaben.
Aus der Friedmann-Gleichung lässt sich nun ableiten, dass die Strahlungsdominanz zu einer Expansion mit abnehmender Geschwindigkeit, also zu einer Bremsbewegung führt. Das Gleiche gilt in abgeschwächter Form für die Materiedominanz. Abgeschwächt bedeutet in diesem Zusammenhang eine weniger stark gebremste Expansion. Die Dunkle Energie schließlich führt zu einer beschleunigten Expansion.
In dem Buch "Das ungebremste Universum, Über das Stanadardmodell der Kosmologie"
stelle ich das Standardmodell der Kosmologie in seinen Grundzügen vor. Schwerpunkte der Arbeit sind die Expansionsdynamik und die Sichtbarkeit des Universums. Ich habe auch in dieser Arbeit bewusst nicht auf Mathematik verzichtet. Nicht ganz vergessene Schulkenntnisse sollten aber für das Verstandnis ausreichen.
Das Buch ist im BoD-Verlag, Norderstedt, 2014, erschienen mit
der ISBN: 978-3-7322-9847-1. Die Arbeit steht auch als eBook zur Verfügung.