Die Frage nach der Entstehung der Welt beschäftigt die Menschen solange sie denken und diese Frage stellen können. Im weitaus längsten Abschnitt dieser Zeit gab es keinen Zweifel daran, dass nicht von dieser Welt stammende Wesen für die Erschaffung der Welt zuständig waren. Mit dem Aufkommen und der Entwicklung der modernen Naturwissenschaften wurde diese Vorstellung nicht mehr ohne Weiteres akzeptiert. Wir beschäftigen uns in aller Kürze mit dieser Entwicklung und ihren wichtigsten Meilensteinen.
Im frühen Mittelalter war die sogenannte Klosterkultur Europas vorrangig mit sich selbst und der Religion beschäftigt. Die Theologie war über Jahrhunderte das einzige Studien- und Forschungsobjekt. Bildung und ein halbwegs erträgliches Leben für alle waren nicht auf dem Plan.
Im Jahre 1277 lies Papst Johannes XXI. eine Liste von Häresien (Irrlehren) verkünden. Darunter war die aufkommende Idee, dass das Universum von gleichgültigen Naturgesetzen regiert werden könnte. Diese Idee war mit der Allmacht Gottes notwendigerweise nicht vereinbar.
Nikolaus Kopernikus (1473-1543) war einer der Ersten, die ein heleozentrisches Universum in Betracht zogen. Bis dahin waren die Erde und der nach dem Ebenbild Gottes geschaffene Mensch der Mittelpunkt der Welt. Dieses Weltbild war in den Köpfen so verankert, dass die Idee des Kopernikus nicht einmal als Ketzerei verurteilt, sondern als Hirngespinst abgetan wurde. Das kopernikanische Prinzip, dass die Erde und schon gar nicht der Mensch den Mittelpunkt des Universums bilden, wurde im Laufe der Zeit zum Kosmologischen Prinzip. Das Kosmologische Prinzip besagt, dass es im gesamten Universum weder eine bevorzugte Richtung noch einen bevorzugten Ort gibt. Möglicherweise ist nicht einmal unser Universum ein bevorzugtes. Wir kommen darauf zurück.
Als Geburtsstunde der modernen Naturwissenschaft kann man das 17. Jahrhundert ausmachen. Johannes Kepler (1571-1630), Galileo Galilei (1564-1641), Rene Descartes (1596-1650) und Isaac Newton (1642-1726) sind Namen, die damit verbunden sind. Nach Newton sollten sich die Sterne mehr oder weniger gleichmäßig im unendlichen Raum des Universums verteilen. Obgleich man beobachten kann, dass sich unterschiedlich helle Sterne in einem unregelmäßigen Band am Nachthimmel konzentrieren. Die Römer schon nannten dieses Band Via Lactea, Milchstraße also. Im Jahre 1750 behauptete der englische Amateurastronom Thomas Wright, dieses Phänomen am Nachthimmel ließe sich durch die Annahme erklären, dass alle Sterne nahezu in einer Ebene um ein weit entferntes Zentrum rotieren, vergleichbar mit den Planetenbahnen um die Sonne. Durch die Behauptungen Wrights angeregt veröffentlichte Immanuel Kant (1724-1804) im Jahre 1755 seine „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels“. Es handelte sich letztlich um eine Erweiterung des wrightschen Weltbildes. Kant war der Erste, der in den schwach leuchtenden "Räumchen", die man beobachtet hatte und die sich rund oder elliptisch präsentierten, ferne Welteninseln vermutete, Galaxien, wie wir heute wissen. Kant erkannte auch eine fundamentale Struktur im Universum, die Newton noch nicht ahnen konnte und die Fachwelt erst im 20. Jahrhundert allgemein akzeptierte. Das Universum besteht, das hatte bereits Kant erkannt, aus einer Hierarchie von Systemen, die jeweils von ihrer Eigengravitation zusammengehalten werden. Dummerweise blieben die Arbeiten Kants lange Zeit unbeachtet. Noch 1920 waren viele Astronomen davon überzeugt, dass unsere eigene Galaxis größer sei als alle anderen Sternsysteme und die beobachteten Spiralnebel ihre Begleiter.
1917 veröffentlichte Albert Einstein sein auf der Allgemeinen Relativitätstheorie basierendes Weltbild. Einsteins Hypothese unterstellte ein homogenes und unbegrenztes, aber gleichzeitig endliches Universum. Der Weltraum bildete das dreidimensionale Analogon zur Kugeloberfläche, was sich allerdings niemand wirklich vorstellen kann. Man sollte es deshalb auch nicht versuchen. Unabhängig davon werden wir uns mit einem anschaulichen Bild des Universums befassen. Dazu aber später. Da selbst Einstein sich von dem seinerzeit vorherrschenden Bild einer statischen Welt nicht lösen konnte, fügte er in seine Gleichungen einen Zusatzterm ein, um sie mit einem statischen Universum in Einklang zu bringen. Dieser Term wurde kosmologische Konstante genannt und fortan mit dem griechischen Buchstaben Lambda bezeichnet.
Der russische Physiker Alexander Alexandrowitsch Friedmann ging fünf Jahre später einen „einfacheren“ Weg. Er verzichtete auf die Annahme eines statischen Universums und konnte zeigen, dass ein dynamisches Universum mit den ursprünglichen Gleichungen Einsteins ohne kosmologische Konstante vereinbar ist. Als dann 1929 der US-amerikanische Astronom Edwin Hubble die Expansion des Universums beobachtete, ließ Einstein seine kosmologische Konstante fallen und bezeichnete sie als den größten Fehler seiner wissenschaftlichen Arbeit, angeblich "als die größte Eselei seines Lebens". Dass sie noch einmal zum Leben erweckt und ziemlich berühmt werden würde, das hätte sich selbst Einstein damals wahrscheinlich nicht vorstellen können. Das war also das neue Weltbild. Das Universum ist nicht statisch, es expandiert. Jede Galaxie entfernt sich von jeder anderen. Diese Entdeckung bedeutete aber auch, dass es einen Anfang gegeben haben musste. Lässt man nämlich den "Expansionsfilm" zurücklaufen, dann muss das Universum früher einmal kleiner, heißer und dichter gewesen sein. Diese Überlegungen führten in den 1930er Jahren zur Entwicklung der Urknalltheorie. Danach ist das Universum aus einem extrem kleinen, heißen und dichten Anfangszustand vor nicht ganz 14 Milliarden Jahren hervorgegangen. Offen blieb allerdings bis beinahe zur Jahrtausendende, ob das Universum für alle Zeiten expandieren oder nach endlicher Zeit kollabieren, also in sich zusammenfallen würde. In allen Fällen sollte sich das Universum mit abnehmender Geschwindigkeit ausdehnen. Diese konnte gegen null gehen (flaches Universum), gegen einen konstanten von null verschiedenen positiven Wert (offenes Universum) oder nach Erreichen eines Maximums negativ werden (geschlossenes Universum). Im letzten Fall wurde auch eine durch die Energie des Rückpralls generierte erneute Expansion in Betracht gezogen.
Im Jahre 1998 wurde bei der Vermessung weit entfernter Supernovae entdeckt, dass das Universum nicht gebremst, sondern seit geraumer Zeit beschleunigt expandiert. Diese Entdeckung kam einer kosmologischen Sensation gleich und ließ die kosmologische Konstante wieder auferstehen. Das Genie Einstein war eben auch ein Genie im Fehlermachen. Mit der kosmologischen Konstante ausgestattet konnten die kosmologischen Gleichungen das Bild des expandierenden Universums gut abbilden. So war sie ja auch angelegt. Sie sollte das Universum vor dem durch die Gravitation verursachten Kollaps schützen und ein statisches Universum generieren, der gravitativen Anziehung also entgegenwirken. Ihr Wert war auch genauso ausgelegt. Nun, im Zusammenhang mit der beschleunigten Expansion des Universums konnte man ihr freien Lauf lassen. Sie galt ab sofort als Beschleuniger der Expansion. Leider gibt es bis heute keine physikalische Erklärung für die kosmologische Konstante bzw. für die Expansion des Universums. Es wurde eine Energie postuliert, die in Unkenntnis ihrer Herkunft als dunkel bezeichnet wird. Die Dunkle Energie ist also die Triebkraft für die beschleunigte Expansion des Universums. Sie beansprucht in der gegenwärtigen Epoche rund 73 % der Energiedichte des Universums und kein Mensch weiß, was dahinter steckt.
Das ist ein ziemlich ernüchterndes Ergebnis und lässt nicht wenige Zweifel aufkommen. Die kurze Geschichte der Kosmologie sollte uns gleichzeitig lehren, dass nicht notwenig das letzte Wort gesprochen ist. Es wird, so denke ich, noch viele Überraschungen geben. Aber so arbeitet die Wissenschaft. Sie erzeugt keine Dogmen. Sie steht ständig auf dem Prüfstand.